Ein Tag im Europäischen Parlament
Wir Sind Europa führt im Rahmen der Initiative "Debate Europe" die Veranstaltungsserie "Was Sie schon immer über das Europäische
Parlament wissen wollten...." durch. Rund 110 Personen folgten am 13. Februar 2009 Einladung zur Auftaktveranstaltung mit Karin Resetarits.
Karin Resetarits startete ihre Karriere im ORF und war lange dort tätig, wobei sie u. a. Trailer, Ohne Maulkorb und Treffpunkt Kultur aber auch die Zeit im Bild 1 moderierte. 2004 kandidierte sie
auf Hans Peter Martins Bürgerliste für die Wahlen zum Europäischen Parlament, seit 2005 ist sie jedoch Mitglied der ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa)-Fraktion.
Der ALDE-Fraktion gehören zurzeit 100 Abgeordnete aus 22 Mitgliedsländern der Europäischen Union an. Sie ist damit die drittgrößte Fraktion im Europäischen Parlament. Vorsitzender ist Graham
Watson, ein britischer Liberaldemokrat.
Auf meine Eingangsfrage "Wo sind wir denn heute - in Straßburg oder in Brüssel?" lachte Frau Resetarits und meinte: "in Wien."
Sie erklärte, dass die Plenarabstimmungen immer in Strassburg stattfinden, die Ausschuss- und Fraktionswochen in Brüssel. Sie unterstrich die Bedeutung der politischen Fraktionen, und meinte,
dass man als einzelne fraktionslose Abgeordnete - wie sie es selbst zu Beginn war- die Aufgaben nicht bewältigen könne. Es gibt sehr viele Gesetzesvorhaben und oft Hunderte von Änderungsanträgen,
über die man jeweils Bescheid wissen muss, das kann man nur durch Aufgabenteilung in einem größeren Verband.
Die Detailarbeit erfolgt in den Ausschüssen durch die BerichterstatterInnen, deren "Schatten" aus den anderen Parteien und die Ausschussmitglieder. Die Verteilung der Abgeordneten in Ausschüsse
erfolgt durch deren Interessen und die Fraktion. Große Fraktionen sind im Vorteil, da die Berichterstattung nach der Fraktionsgröße vergeben wird. Wenn die größte ablehnt, kommt die zweite dran,
usw.
Es gibt prestigeträchtige Gesetzesvorhaben und Routineangelegenheiten, um erstere "reißen" sich die Abgeordneten. Wenn die Detailarbeit auch manchmal mühsam ist, so ist es doch erstaunlich, dass
eine so inhomogene Gruppe (785 Abgeordnete aus 27 Mitgliedsstaaten in 23 Sprachen) doch immer wieder zu Einigungen kommt.
Die Publikumsfragen betrafen sehr oft nicht das Europäische Parlament, sondern wandten sich allgemeinen EU-Themen zu: dem Vertrag von Lissabon, dem möglichen EU-Beitritt der Türkei, der aktuellen
Finanzkrise und der Sprachenvielfalt. Auch nach dem Ende der Veranstaltung wurde noch lange und leidenschaftlich diskutiert.
Margareta Stubenrauch, 14. Februar 2009