Mario Monti, ein parteiloser Wirtschaftswissenschafter, wurde 1995 Europäischer Kommissar für den Binnenmarkt. Danach war er Wettbewerbskommissar. Am 16. November 2011 wurde er als interimistischer italienischer Ministerpräsident vereidigt. Mario Monti ist ebenso wie die Co-Autorin Sylvie Goulard Mitglied der Spinelli-Gruppe.
[....]Unter den zahlreichen Fragen, die die aktuelle Krise aufgeworfen hat, ist keine wichtiger, aber weniger diskutiert als jene nach der Demokratie in Europa [....] Es ist unsere Überzeugung, dass wir - um dauerhaft aus der Krise herauszukommen - die Demokratie auf allen Ebenen überdenken müssen: europäisch und national.
Hinter verschlossenen Türen tagend und Entscheidungen treffend, die nicht öffentlich diskutiert und hinterfragt werden, gibt der Europäische Rat das Bild eines fernen, nicht greifbaren Europa ab [....] Die nationalen Parlamente sind aufgerufen, ihre Kontrollfunktion wahrzunehmen, aber die Legitimation europäischer Entscheidungen kann nicht auf ihnen beruhen. Sich an getrennte nationale Meinungen wendend und von unterschiedlichen Traditionen gekennzeichnet, vereinigen sie nicht immer alle Standpunkte und unter einen Hut zu bringenden Interessen [....]
Die einzige Plattform, wo diese Aufgaben erfüllt werden können, ist das Europäische Parlament. Die Forderung nach Demokratie, nach Teilhabe und Transparenz ist unaufhaltsam. Letztendlich werden Reformen großer Tragweite nötig sein, um die parlamentarische Dimension in der Europäischen Union zu stärken. Wie auf nationaler Ebene handelt es sich um eine schwierige Herausforderung, die darin besteht, eine anspruchsvolle Demokratie zu erfinden, die Demagogie und Kurzsichtigkeit vermeidet. Der Prozess wird langsam sein. Ein enger und vertrausensvoller Dialog zwischen den [europäischen] Institutionen und darüber hinaus, kann schon jetzt dazu beitragen.
Mario Monti und Sylvie Goulard, Mitglied des Europäischen Parlaments
Vollständiger Artikel erschienen in "Le Monde", 15.2. 2012
Übersetzung: Margareta Stubenrauch, 22. 2. 2012