Am 14. März 2012 veranstaltete Wir Sind Europa einen Jour fixe zum Thema "Portugal - Europas weiter Westen". Botschaftsrat André Sobral Cordeiro spannte einen weiten Bogen, um dem Publikum seine Heimat nahe zu bringen.
Zu Beginn erläuterte er den Flügelaltar "Die Anbetung des Heiligen Vinzenz" von Nuno Gonçalves, jenes Gemälde, das in Portugal jedes Schulkind kennt, und das auch in der Veranstaltungs-einladung enthalten war. 58 Figuren repräsentieren die portugiesische Gesellschaft des 15. Jhdts, wobei über die Indentität der einzelnen Personen immer noch heftig spekuliert wird. Wo ist nun Heinrich, der Seefahrer?
Der typische Ausdruck portugiesischer Identität findet sich im Fado (Schicksal), jenen schwermütigen Liedern, die die "saudade" besingen - ein unübersetzbares Wort, das vor allem die Sehnsucht nach etwas ewig Vorlorenem ausdrückt. Es gibt zwei Stilrichtungen, die "intellektuelle" in Coimbra und die volkstümlichere in Lissabon.
Portugal hat nur ein Nachbarland - im Gegensatz zu Österreich, welches von acht Nachbarn umgeben ist. Zwangsweise richtete sich der Blick nach Westen - in die Weite der Ozeane. Das portugiesische Weltreich bestand im wesentlichen aus Küstenposten in Afrika und Indien, nur in Brasilien drang man ins Landesinnere vor. Trotz der Problematik kolonialer Vergangenheit ist man mit Brasilien immer noch sehr eng verbunden, insbesondere durch die Sprache, die aber viel weicher und melodischer ist als das klassische Portugiesisch ("Deswegen hat Brasilien den Samba und wir den Fado"). Wie sehr Portugal nicht nur Europas äußersten Westen darstellt, sondern wie sehr das Land auch immer noch in diese Richtung blickt, bewies die spontan gegebene Antwort auf die Frage nach dem liebsten Urlaubsziel der PortugiesInnen: Brasilien.
PortugiesInnen haben immer eine Vielzahl von Nachnamen, weil man auch die Großväter mit einbezieht, bei verheirateten Frauen können dies bis zu acht sein. Darüberhinaus gibt man Mädchen auch männliche Vornamen, vor allem um die vielen Marias in einer Familie unterscheiden zu können.
Auf die Frage, was er in Österreich am meisten vermisse, antwortete Herr Sobral Cordeiro mit dem Gedicht "Mar português" von Fernando Pessoa.
Margareta Stubenrauch, 16. März 2012