Im Zuge des EU-Erweiterungsprozesses veröffentlicht die Europäische Kommission jedes Jahr im Herbst sogenannte Fortschrittsberichte über den Stand der EU-Annäherung in den beitrittswilligen Ländern. Der Ton dieser Berichte ist im allgemeinen sachlich und eher optimistisch, da für die Kommission die EU-Erweiterung um die Balkanländer ein politisches Ziel darstellt.
Insoferne ist der diesjährige Bericht zu Bosnien und Herzegowina bemerkenswert. Ohne diplomatische Formulierungen und mit hin und wieder schon fast an Verzweiflung grenzender Deutlichkeit zeichnet die Kommission ein sehr düsteres Bild über die Entwicklungen in Bosnien und Herzegowina:
"Bosnien/Herzegowina befindet sich, was den europäischen Integrationsprozess betrifft, im Stillstand, während andere Länder der Region voranschreiten.... Die politischen Vertreter haben keine gemeinsame Vision über die zukünftige Richtung des Landes, bzw. wie es funktionieren soll. Es gibt keinen ernst zu nehmenden politischen Dialog über Grundsätzliches, wie den Integrationsprozess oder damit verbundene Prioritäten....Kurzfristige Partei- oder ethnische Interessen haben gegenüber einer zukunftsorientierten Politik der Verankerung von Bosnien/Herzegowina in der EU den Vorzug erhalten.
Die politische Blockade in der Föderation, die seit mehr als einem Jahr andauert, hat einen negativen Einfluss auf die Regierbarkeit auf Föderations- und auf (Teil)staatenebene. Ständig wird von gewissen politischen Akteuren die Einheit von Bosnien/Herzegowina hinterfragt....Es wird zunehmend schwierig, Ausgaben zur Vorbeitrittsunterstützung für ein Land zu rechtfertigen, dessen politische Vertreter keinen Konsens über den Integrationsweg finden können.... Die Kommission hat beschlossen, weitere Diskussionen über IPA (Instrument for Preaccession - Instrument zur finanziellen Unterstützung in der Vorbeitrittsphase, Anmerkung der Übersetzerin) zu verschieben, bis das Land auf den Weg des europäischen Einigungsprozesses zurückgekehrt ist."
Übersetzung, Margareta Stubenrauch, 21. Oktober 2013
Weiterführende Informationen: Europäische Kommission, Generaldirektion Erweiterung