Der Vertrag von Lissabon sieht vor, dass die Staats- und Regierungschefinnen bei der Auswahl des zukünftigen Präsidenten der Europäischen Kommission das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) berücksichtigen müssen. Daher haben die meisten der derzeit im EP vertretenen Parteien SpitzenkandidatInnen nominiert:
Mit Ausnahme von Tsirpas stellten sich alle am 28.4.2014 einer Debatte, die - von den österreichischen Medien weitestgehend ignoriert - auf Euronews zu sehen war. Auch wenn das Format unglücklich war, 20 Sekunden reichen eben nicht immer für sinnvolle Antworten, wurde doch deutlich wofür die KandidatInnen stehen und wo sie in den nächsten fünf Jahren ihre zentralen Initiativen setzen würden.
Im Gegensatz dazu war die von ORF und ZDF gestaltete Diskussion zwischen Juncker und Schulz am 8. Mai 2014 eine erbärmliche Veranstaltung. Ich gebe zu, ich habe nach 45 Minuten nicht mehr zugehört. Es ging nicht um die zukünftige Orientierung der Kommission. Die Herren kandidieren immerhin für deren Präsidentenamt, sondern um Stammtischthemen, wie den EU-Beitritt der Türkei und die Gurkenkrümmung.
Dazu ist anzumerken, dass über einen allfälligen EU-Beitritt nicht die Europäische Kommission entscheidet. Ein möglicher Beitrittsvertrag müsste von den 28 Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament ratifiziert werden. Die berüchtigte Richtlinie über die Gurkenkrümmung wurde bereits vor Jahren aufgehoben. Muß man darüber wirklich immer noch reden?
ORF und ZDF haben eine große Chance verpasst. Sie haben es verabsäumt, eine Debatte über die politischen Vorhaben der Kommission zu führen, stattdessen haben sie den Stammtisch bedient.
Margareta Stubenrauch, 9. Mai 2014
PS: Heute ist übrigens Europatag.