Der Ausbruch des ersten Weltkriegs im August 1914 ist Grund für zahlreiche Gedenkfeiern. Dabei wird auch die Europäische Union als Friedensprojekt beschworen. So sagte beispielsweise der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck bei einer Rede am 4. August 2014 in Lüttich.
Wir sind dankbar dafür, dass wir hier in Europa nun schon so lange in Frieden miteinander leben können. Wir wissen: Das ist keine Selbstverständlichkeit. Gerade hier in Belgien, wo das verfasste Europa zuhause ist, ist der Ort, die europäische Einigung zu loben. Statt des Rechts des Stärkeren gilt in Europa heute die Stärke des Rechts. Die zivilisatorische Leistung, die darin liegt, dass kleinere und größere Mitgliedstaaten der Europäischen Union heute friedlich in Brüssel um gemeinsame Positionen ringen und sich auf gemeinsame Politik verständigen, sie ist nicht zu überschätzen.
Sein Landsmann Jürgen Trittin ist da weniger optimistisch. Er führt das Desinteresse an Europa weniger auf mangelnde Kommunikation als viel mehr auf die falschen Inhalte zurück. Die EU als Friedensprojekt spiele im Narrativ der jüngeren Generationen mittlerweile keine Rolle mehr.
Ich kann dem nicht zustimmen. Mir sagte eine junge Studentin sinngemäß auf einer Veranstaltung zum neuen europäischen Narrativ:
Das Friedensprojekt Europa ist für alle, die in Stuttgart, Toulouse oder Venedig geboren wurden, nicht mehr attraktiv. Ich wurde 1993 in Banja Luka geboren.
Margareta Stubenrauch, 6. August 2014